Beiträge zum Ordnungswidrigkeitenrecht ( Bußgeldrecht ) unter Einbeziehung der Verteidigungsmöglichkeiten für den/die "Betroffenen"
Kein Fahrverbot bei Augenblicksversagen
Wer kennt es nicht, Dinge passieren, welche aufgrund der persönlich wahrgenommenen Tatsachen nicht wahr sein dürften. Nicht selten basieren hierauf im Ergebnis objektiv vorliegende grobe Pflichtverletzungen eines Kfz-Führers, welche ein Fahrverbot nach sich ziehen können.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat für die Voraussetzung zur Anordnung eines Fahrverbotes u.a. in seiner grundlegenden Entscheidung aus dem Jahr 1997 (BGH Beschluß vom 11.09.1997 - 4 StR 638/96), Grundsätze entwickelt, wonach bei einem sogenannten „Augenblicksversagen“ des Fahrers ein Fahrverbot nicht anzuordnen ist, selbst wenn der Fahrer einen Tatbestand verwirklicht, für den der Bußgeldkatalog ein Regelfahrverbot vorsieht. Hierzu führte das Gerichts aus, daß alleinige Rechtsgrundlage für die Anordnung eines Fahrverbots wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit § 25 Absatz 1 Satz 1 StVG (BGHSt 38, 125) ist.
Nach dieser Vorschrift kann ein Fahrverbot u.a. dann verhängt werden, wenn der Betroffene eine Ordnungswidrigkeit nach § 24 StVG unter grober Verletzung der Pflichten eines Kfz-Führers begangen hat. Eine grobe Pflichtverletzung kann ihm jedoch nur vorgehalten werden, wenn seine wegen ihrer Gefährlichkeit objektiv schwerwiegende Zuwiderhandlung subjektiv auf groben Leichtsinn, grobe Nachlässigkeit oder Gleichgültigkeit zurückgeht. Diese Einschränkung folgt schon aus dem Begriff der groben Pflichtverletzung sowie des Zwecks eines Fahrverbotes, welches als "eindringliches Erziehungsmittel" und "Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme" gedacht ist. Des Einsatzes eines "eindringlichen Erziehungsmittels" bedarf es daher in all den Fällen nicht, in welchen zur Einwirkung auf einen Verkehrsteilnehmer, der infolge eines Augenblicksversagens fahrlässig eine - objektiv schwerwiegende - Verkehrsordnungswidrigkeit begeht, die nicht vorkommen darf, aber erfahrungsgemäß auch dem sorgfältigen und pflichtbewußten Kraftfahrer unterläuft.
Wegen des Fehlens von Feststellungen zur subjektiv gesteigerten Pflichtwidrigkeit des Pkw-Fahrers in den Urteilsgründen der Entscheidungen von Amtsgerichten, welche ein Fahrverbot gegen den Betroffenen verhängt haben, häufen sich die Entscheidungen der Beschwerdegerichte (Oberlandesgerichte), welche die dahingehenden gerichtlichen Entscheidungen der Amtsgerichte aufheben. Z.B. war in einem Fall ein Autofahrer auf einer Autobahn, entgegen der vorgeschriebenen Geschwindigkeit von 100 km/h mit 150 km/h geblitzt worden. Zu seiner Verteidigung brachte er vor, er habe das Tempolimit-Schild schlicht übersehen. Dennoch bekam er neben einer (Regel-) Geldbuße ein vierwöchiges Fahrverbot. Das Urteil hob das Oberlandesgericht im wesentlichen deshalb auf, da selbst schwere Verkehrsverstöße erfahrungsgemäß auch einem sorgfältigen und pflichtbewußten Fahrer unterlaufen können. Ein solches "Augenblicksversagen" könne bei Überschreitungen des Tempolimits zum Beispiel dann vorliegen, wenn die Geschwindigkeitsbegrenzung nicht stufenweise über mehrere Schilder stattfinde. Da das Amtsgericht keine Feststellungen hierzu vorgenommen hat, wurde das Urteil aufgehoben. Oder so hatte zum Beispiel ein Pkw Fahrer die zulässige Verkehrsgeschwindigkeit in einer Tempo 30 Zone um 57 km/h überschritten und zu seiner Verteidigung vorgebracht, daß er ortsunkundig ist und der Pkw von seiner Freundin vor seinem Fahrtantritt in dieser Zone abgestellt wurde sowie das er die Geschwindigkeit ohne Kenntnis von einer bestehenden Geschwindigkeitsbeschränkung aus der verkehrsberuhigten Zone fuhr. Das Urteil, durch welches gegen den Fahrer ein Fahrverbot verhängt wurde, ist letztendlich vom Beschwerdegericht aufgehoben worden, da das (Amts-) Gericht nicht ausreichende Feststellungen zum Fehlen eines Augenblicksversagens unter Berücksichtigung des Tatsachenvortrages des Betroffenen (Fahrers) getroffen hat. Die Fallgestaltungen unter denen ein Verkehrsverstoß zustande kommen kann sind so vielfältig, dass im Falle eines dahingehenden Vorwurfes durch die Behörde, rechtzeitig fachkundiger Rat durch einen Anwalt zur Prüfung einer erfolgreichen Verteidigung eingeholt werden sollte.
Unterbrechung der Verfolgungsverjährung in Bußgeldsachen
Auch wenn heute überwiegend die Behörden „das automatisierte Bußgeldverfahren zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten verwenden“, wodurch mittels eines vorprogrammierten Fristenplans die Einhaltung der Verfolgungsverjährungsfristen gewährleistet werden soll, treten doch immer wieder im einzelnen Probleme bei der Einhaltung der Fristen auf.
Wenn die Verfolgungsverjährung abgelaufen ist, besteht ein von Amts wegen zu beachtendes Verfolgungshindernis, was im Ergebnis dazu führt, daß die Verwaltungsbehörde das bei ihr anhängige Verfahren gegen den Betroffenen einzustellen hat.
Insoweit muß man sich also vorab immer folgende Fragen stellen: Wie lang ist die Verjährungsfrist ?, Wann hat die Verfolgungsverjährung begonnen ? und Ist die Verjährung unterbrochen worden ?
Zum Beispiel beträgt die Verfolgungsverjährung bei Ordnungswidrigkeiten nach § 24 StVG (also bei Verstößen gegen die Straßenverkehrsordnung, Straßenverkehrszulassungsordnung und Fahrerlaubnisverordnung) drei Monate, solange wegen der Handlung weder ein Bußgeldbescheid ergangen noch öffentliche Klage erhoben wurde. Sobald dies geschehen ist, sechs Monate.
Hierunter fallen also die täglich vorkommenden Verstöße von Geschwindigkeitsüberschreitungen und z.B. das Überfahren einer Lichtzeichenanlage im Kreuzungsbereich bei „Rot“ , also wenn . Diese vorbezeichneten Fristen können durch gewisse Handlungen der Behörde oder des Gerichts, welche innerhalb der Verjährungsfrist liegen müssen, unterbrochen werden, was zur Folge hat, daß die Frist von neuem zu laufen beginnt, nämlich am Tag der Unterbrechungshandlung.
Die gesetzlich geregelten Unterbrechungshandlungen sind vielfältig, so daß hier nur auszugsweise darauf eingegangen werden kann.
Z.B. wird die 3-monatige Verfolgungsverjährungsfrist unterbrochen durch die erste Vernehmung des Betroffenen, die Bekanntgabe, daß gegen ihn das Ermittlungsverfahren eingeleitet ist oder die Anordnung dieser Vernehmung oder Bekanntgabe durch die Behörde (§ 33 Abs I Nr.1 OWiG). Wie bereits dem Wortlaut zu entnehmen ist, kann durch diese Handlungen die Verjährung nur einmal unterbrochen werden, mit der Folge, daß jede weitere gleichbenannte Handlung bzw. dessen Wiederholung keine verjährungsunterbrechende Wirkung entfaltet.
Wenn also z.B. der Autofahrer unmittelbar nach einer erfolgen Geschwindigkeitsüberschreitung mit seinem Pkw angehalten und mit dem Vorwurf des Verstoßes konfrontiert wird, ist die nach Beendigung der Geschwindigkeitsüberschreitung beginnende Verfolgungsverjährungsfrist noch am selben Tag unterbrochen worden. Eine später erfolgte schriftliche Anhörung des Betroffenen durch die Behörde, unterbricht die Verjährung nicht noch einmal.
Probleme bereitet in der Praxis zuweilen die veranlaßte schriftliche Anhörung des Betroffenen durch die Behörde. Aus dieser muß nämlich eindeutig hervorgehen, gegen wen sich der Vorwurf richtet. So entschied beispielsweise das Oberlandesgericht Zweibrücken, daß es nicht ausreicht und demzufolge die Verjährung nicht unterbrochen wird, wenn dem angeblichen Fahrzeugführer ein Fragebogen zugesandt wird, mit der Überschrift „Anhörung-Zeugenbefragung“, ohne das hierin ausdrücklich zum Ausdruck kommt, gegen wen sich der Vorwurf richtet. Insoweit muß vielmehr in dem Schreiben klargestellt werden, daß Herr oder Frau X als Fahrer angenommen werden und nunmehr Gelegenheit haben, sich gegen den Vorwurf zur Wehr zu setzen.
Soweit die Behörde das automatisierte Bußgeldverfahren anwendet, ergeben sich für die Frage, ab wann bzw. wodurch die Verjährung unterbrochen wurde, eine Vielzahl von bereits gerichtlich entschiedenen Besonderheiten. Insbesondere sollte in diesem Fall zur Prüfung einer etwaigen in Betracht kommenden Verfolgungsverjährung Einsichtnahme in die Verwaltungsakte und den hierin befindlichen speziell aufgezeichneten EDV-Auszug über den Bearbeitungsverlauf genommen werden. In diesem Zusammenhang wird dann auch zu prüfen sein, inwieweit die den Tatvorwurf begründenden Tatsachen einer gerichtlichen Prüfung standhalten würden, was durch einen Anwalt erfolgen sollte.
Gerne vertrete ich Sie als Rechtsanwalt in Oranienburg im Verkehrsrecht bei der Verteidigung gegen den Vorwurf aus einem Bußgeldbescheid z.B. wenn sie geblitzt worden sind und zu schnell gefahren sein sollen, sie eine rote Ampel überfahren haben sollen, den Sicherheitsabstand nicht eingehalten haben sollen, während der Fahrt mit einem Handy telefoniert haben sollen und ihnen letztendlich ein Bußgeld oder gar Fahrverbot angedroht wird vor der Behörde/Bußgeldstelle und vor Gericht.